Selbstständigkeit – Wie geht das eigentlich?

Festanstellungen sind für viele Künstler und Kreative häufig nicht die ideale Form der Einkommensbewältigung. Das oft enge Korsett einer Anstellung hindert Künstler daran, sich wirklich entfalten zu können, denn in den meisten Fällen wird aus Kunst dann schnell grafische Auftragsarbeit oder Vergleichbares. Die Selbstständigkeit ermöglicht eben genau diese freie Entfaltung, welche aus Künstlern erst Künstler macht: Sie verschafft Muße, Zeit und vielleicht auch das richtige Selbstverständnis. 

 

Gut, dann mache sich die Frau Künstlerin oder der Herr Künstler eben selbstständig…aber wie geht das eigentlich?

Prinzipiell besteht der formale Akt der Selbstständig-Werdung in der Anmeldung beim Finanzamt als Selbstständiger mit oder ohne Gewerbe. Das bekommt erstmal jeder hin. Das Finanzamt vergibt eine Steuernummer und ab dem Monat der Gründung, ist der Gründer verpflichtet, einmal im Monat (zumindest im 1. Gründerjahr) die Umsatzsteuervorerklärung ans Finanzamt abzugeben und zu bezahlen*, Ebenfalls kein Hexenwerk, soweit so gut…

 

*gilt nicht für den Fall der Kleinunternehmerregelung, bei dem das Einkommen aus freiberuflicher Arbeit 22.000€/Jahr nicht übersteigen darf und die Abführung der Umsatzsteuer optional ist)

 

Es gibt allerdings unterschiedliche Voraussetzungen, in die Freiberuflichkeit zu starten, die auch unterschiedliche Start-Optionen mit sich bringen.

 

Existenzgründung aus der Festanstellung

Die meisten Selbstständigen gehen aus einer Anstellung in die Freiberuflichkeit. Kein Problem, wenn man sofort zu arbeiten anfangen will – einfach beim Finanzamt anmelden und loslegen.

Erfahrungsgemäß ist es allerdings durchaus sinnvoll, sich nach einem Full Time Job zunächst einmal die Zeit zu nehmen, seine Selbstständigkeit auch ordentlich vorzubereiten. Dafür ist in vielen Fällen eine (zumindest kurze) Phase der Arbeitslosigkeit sinnvoll, meist kann man von ALG I immer noch leidlich gut leben in Deutschland. Neben den bürokratischen Aspekten empfiehlt es sich durchaus auch, sich mit den ökonomischen Details auseinanderzusetzen, all das kostet auf jeden Fall Zeit.

Wenn das bestehende Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer gekündigt wurde, hat man allerdings zunächst einmal ganze drei Monate keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, die sogenannte Sperrfrist tritt in Kraft. Zudem ist es von der Arbeitsagentur vorgegeben, dass man den Gründungszuschuss nur aus der Arbeitslosigkeit heraus beantragen kann, zumindest einen Tag muss man dazu auf dem Papier arbeitslos gemeldet sein. Für diesen Fall ist eine Kündigung vom Arbeitgeber oder ein Auflösungsvertrag das Mittel der Wahl gegen die Sperrfrist.

 

Alle Fördermöglichkeiten ausschöpfen: Gründungszuschuss der Agentur für Arbeit 

Wer sich für den Start seiner Selbstständigkeit vom Staat fördern lassen will, kann den sogenannten Gründungszuschuss beantragen. Die Agentur für Arbeit fördert Existenzgründer für die ersten 6 Monate ihrer Selbstständigkeit. Es gibt auch noch eine zweite Förderungsphase für die neun Monate danach, in diesem Zeitraum gibt es pro Monat pauschal 300 Euro.

Wichtig für den Gründungszuschuss ist, dass man mindestens einen Tag arbeitslos ist und ALG I Restanspruch von 150 Tagen hat. Zudem muss der Betreuer bei der Agentur für Arbeit davon überzeugt sein, dass für dich die Aufnahme einer Selbstständigkeit erfolgsversprechender ist, als eine Festanstellung, bzw. dass du so schwer für eine Festanstellung zu vermitteln bist, dass die Freiberuflichkeit aussichtsreicher erscheint. Erst dann wird dir dein Berater von der Agentur für Arbeit überhaupt den Antrag für den Gründungszuschuss zukommen lassen. Der Rest liegt dann bei dir: Ein korrekt ausgefüllter Antrag samt Business- und Finanzplan, Liquiditätsvorschau und Einkommensprognose, sowie die Bestätigung der wirtschaftlichen Tragbarkeit deiner Unternehmung von einer fachkundigen Stelle. Alles halb so wild, im Zweifelsfall sucht man sich dazu Hilfe.

 

 

Existenzgründung nach dem Studium/der Ausbildung, Einstiegsgeld

Der direkte Start in die Selbstständigkeit direkt nach der Ausbildung bzw. dem Studium ist möglich, allerdings würden wir ihn in vielen Fällen nicht unbedingt empfehlen, es sei denn die Kunden und Aufträge sind bereits komplett in trockenen Tüchern. Ansonsten kommt es eher einem Wagnis gleich: Da man als Absolvent keinen Anspruch auf ALG I hat, hat man ergo auch keinen Anspruch auf den Gründungszuschuss. Als Bezieher von ALG II kann man das Einstiegsgeld beantragen, dass die Hälfte des Hartz IV-Satzes ausmacht und dann zusammen mit diesem ein monatliches Einkommen von 520,50 Euro einbringt. (Selbiges gilt natürlich auch für Arbeitslose, die keinen Anspruch auf ALG I haben.) Sicherlich ist es in den meisten Fällen sinnvoller, sich zunächst auf dem Arbeitsmarkt der Angestellten zu versuchen und sich zunächst mal einen Anspruch auf ALG I aufzubauen und gegebenenfalls erstmal Arbeitserfahrung zu sammeln, bevor man es auf eigene Faust versucht.

 

Investitionszuschuss

Eine weitere Möglichkeit der staatlichen Förderung besteht in der Beantragung eines Investitionszuschusses. Dieses ist ebenfalls für eine Gründung aus der Arbeitslosigkeit vorgesehen, richtet sich allerdings an Empfänger vom ALG-II. Die Gewährung ist eine Ermessensentscheidung der Agentur für Arbeit und ist mit einer maximalen Förderung von 5.000 Euro ausschließlich für die Beschaffung von Sachmitteln vorgesehen und somit komplett mittelgebunden

 

Fazit: Eine Existenzgründung ist zunächst mal nur ein rein formaler Akt. Natürlich hat sie noch mehr Implikationen als eine neue Beziehung zum Finanzamt: Man geht ein finanzielles Risiko ein und ist für sich selbst verantwortlich. Im Vergleich dazu bietet die Festanstellung eine vermeintliche Sicherheit. Dagegen steht allerdings, dass man gerade in Eigenverantwortlichkeit eine ganz andere Motivation entwickelt, sich Aufträge an Land zu ziehen und somit sein Auskommen zu sichern. Die Performance als Selbstständige/r liegt in deinen Händen. Die Rahmenbedingungen dafür lassen sich allerdings optimieren. Es gibt einige soziale Netze zu spannen, die ein Ausbleiben der Aufträge abfedern können. Besonders im ersten Jahr nach der Gründung kann man sich mit dem richtigen Ansatz voll und ganz auf die Etablierung am Markt kümmern, anstatt sich Sorgen um sein eigenes Auskommen zu machen.

 

Auch wenn wir uns wiederholen: In der Theorie ist der ganze Prozess der Selbstständig-Werdung ist an sich nicht besonders kompliziert. Die Existenzgründung sollte auf jeden Fall gut vorbereitet sein und meistens lohnt es sich, den Rat von Experten einzuholen. Bei BIGmedia e.V. seid ihr dafür jedenfalls an der richtigen Adresse. Wir helfen euch gerne! Alles halb so wild!

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